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Positionsabweichung und MMC


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Ich versuch's mal.

Wichtig wäre erst einmal zu verstehen, dass es die MMB (Maximum Material Boundary) nur in der ASME-Welt gibt, denn nur dort gilt die Rule #1, die das Werkstück als "ganzheitlichen" Körper sieht, dessen Grenzen (Boundary) den schlechtestmöglichen Zustand eines Werkstücks darstellen und die deshalb nicht verletzt werden sollten.

In der deutschen ISO gibt es zwar die Abkürzung MMB (Maximale Materialbedingung), das ist jedoch nur die deutsche Übersetzung des Begriffs MMC (Maximum Material Condition).

Die Maximale Materialbedingung MMC ist genau das, was der Begriff ausdrückt, eine Bedingung im Stile von WENN etwas so und so ist, DANN hat das eine bestimmte Auswirkung. Dabei geht es nur um einzelne Messelemente. WENN z.B. eine Bohrung das maximal erlaubte Materialaufmaß hat (bei einer Bohrung also Kleinstmaß hat), DANN gilt die auf der Zeichnung ausgezeichnete Formtoleranz, WENN sie aber weniger Materialaufmaß hat (aber noch in der Toleranz ist), dann vergrößert sich die Formtoleranz (durch einen Toleranzbonus) entsprechend. Dadurch wird man bei engen Toleranzen flexibler und mehr Werkstücke sind brauchbar.

Die Maximum Material Boundary ist ausschließlich für die Betrachtung von Bezügen interessant. Es gibt bei ihr keine Toleranzboni. Die ASME beschreibt die MMB als (wie schon oben erwähnt) den schlechtestmöglichen Zustand eines Werkstücks, der durch die Kombination von Größen- und Geometrietoleranzen definiert wird. Dieser Grenzzustand beschreibt im Grunde die Änderung der Bezüge selbst, daher KANN es gar keinen Toleranzbonus geben, der auf ein einzelnes Messelement aufgeschlagen wird. Änderungen des Grenzzustandes sind globale Änderungen. Um das umzusetzen, werden statt eines Bonus' die Bezüge selber verschoben oder verdreht (Datum Shift), je nachdem, welche Freiheitsgrade von den entsprechenden Bezügen repräsentiert werden.

Und da ist auch schon die Krux. Man kann zwar den ASME-Standard von vorne bis hinten durchlesen, aber die Berechnung des Datum Shifts kann man (außer in den allersimpelsten Fällen und auch nur mit viel Mühe) nicht selber durchführen. Man ist auf Gedeih und Verderb der softwaremäßigen Umsetzung der jeweiligen Messsoftware ausgeliefert, denn die Mathematik dahinter wird richtig, richtig kompliziert. Das liegt auch daran, dass die Bezugssimulatoren ohne MMB wachsen (oder schrumpfen), bis sie maximalen Kontakt mit dem Element haben (und das auch noch anders in der ASME als in der ISO) und mit MMB tun sie das nicht, und dann darf das Werkstück nur innerhalb der individuellen übriggebliebenen „Spalte“ hin- und herwackeln. Dabei müssen die Ist-Formabweichungen weiter berücksichtigt werden. Bestfitausrichtungen wären da nur Krücken, die ab einer gewissen Komplexität die Funktionalität nicht mehr genügend widerspiegeln.

In keiner Software, die ich kenne, gibt es Umsetzungen, die nicht irgendwelche Einschränkungen kennen, deshalb sollte man bei Calypso eher froh sein, dass die Software manche MMB-Kombinationen nicht zulässt, weil ich glaube (nicht weiß), dass die Programmierer von Calypso sicher sein wollen, dass das Ergebnis stimmt, als dann fünf Versionen später dahinterzukommen, dass da was nicht stimmt um dann ihren Kunden ein völlig neues Geometriemodul zu präsentieren, wie das bei einem gewissen Konkurrenzprodukt passiert ist.
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Und jetzt der ganze Clou der MMB/MMC-Geschichte:

Diese Dinge wurden entwickelt, um es zu ermöglichen, eindeutige Zeichnungen zu entwickeln, die es erlauben, Prüfmerkmale mit Lehren zu prüfen. MMC für einzelne Elemente, MMB für Elemente mit Bezügen.

In der Fertigung tut man gut daran, zumindestens die MMB-Zustände von Bezügen komplett zu ignorieren. Dann und NUR DANN kann man mit den ermittelten Messwerten seinen Fertigungsprozess optimieren.

Wenn ich eine Drehverbindung herstelle, mit der ein Windkraftanlagenrotor mit einer Windkraftanlage verbunden werden soll (Stehbolzen in Lochbild), und ich stelle mehr als ein Teil her, dann ist bei den Größen eine Lehre nicht praktikabel. Für den Fall würde ich tatsächlich die MMB- bzw. die entsprechenden ISO-Pendants nutzen, um zu bestimmen, ob ich ein Bauteil verwenden kann, denn so ein Bauteil möchte ich nur sehr ungerne wegwerfen müssen. Aber bevor ich das nächste Teil fertige, brauche ich zwangsläufig die Positionsauswertungen der Bauteile OHNE MMB-Funktionalität, denn NUR SO kann ich effektiv der Fertigung mitteilen, wie sie die Bauteile besser herstellen kann.

Im Idealfall mache ich beide Auswertungen, weil sie beide verschiedenen Zielsetzungen dienen.

In der Serienfertigung auf dem KMG sollte man die Maximum Material Boundary ignorieren, denn nur so kann man den Prozess kontrollieren. Erst wenn es darum geht, Ausschussteile noch verkaufbar zu machen, sollte man sie nutzen.
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If I am not mistaken, you might find Don Day's name on some of the ASME committee members list. Mark and Don were good friends.
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Du lieferst hier Calypso den richtigen Durchmesser für den Bezug D, um die MMB des Bezugs D richtig zu berechnen, aber die Einpassarbeit erledigt immer noch Calypso selber. Das ist das, was ich meine. Unmöglich, den Datum Shift zu Fuß zu berechnen:
[list=]
  • Für ein einzelnes Element, weil hier die Oberfläche des zu messenden Elements berücksichtigt werden muss. Für geringe Formfehler kann man sich sicherlich mit einem Bestfit nähern.
  • Für mehrere Elemente, weil sich die Effekte aus dem vorgenannten Punkt potenzieren
  • Für viele Elemente (Bohrbilder z.B.) erst recht
  • Für MMB-Bezüge, in denen der Datum Shift nicht nur aus einer Translation, sondern auch aus einer Rotation besteht
  • Siehst Du das anders? Ich seh an keiner Stelle Deines Beitrags, dass von Dir der Datum Shift berechnet wurde.

    Und das ist das, was ich mit komplexer Mathematik meine, bei der man sich auf Calypso verlassen muss.
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    Herzlichen Glückwunsch, Du hast dir eine Lehre aus Papier gebaut. Ich sehe aber immer noch nicht, dass Du die Mathematik dahinter selber durchführst.

    Noch mal: Wenn du die Sache richtig machen willst, dann reicht es nicht, Kreise gegeneinanderzuschieben, obwohl selbst das eine mathematisch komplexe Aufgabe ist. Der Grenzzustand hat eine perfekte Zylinderform, das Ist-Element aber schon nicht mehr. Und in deinem Beispiel hast du ein vollständig definiertes Bezugssystem genommen mit sechs eingeschränkten Freiheitsgraden. Wenn es noch offene Bezüge gibt, musst du das Bestfit der abgeleiteten Mittelachsen mit der Bezugsverschiebung vereinbaren. Da dort die Formen der Bezüge auch eine Rolle spielen, kann es sein, dass ein kleinster Abweichungsdurchschnitt (also eine simple Besteinpassung) nicht reicht, sondern die ganze Einpassung so verschoben (und verdreht) werden muss, dass die individuellen Abweichungen gegeneinander abgewägt werden müssen.

    Ja, wenn Du eine Lehre hast, fällt dir das leicht, Du fummelst einfach so lange rum, bis es passt oder gibst auf, wenn es nicht passt. Mathematisch ist es nicht ganz so einfach. Das sind keine Formeln mit einer Unbekannten mehr, das sind Lösung, denen man sich nur schrittweise (iterativ) annähern kann.
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