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Nullpunkt als Hüll?


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Guten Morgen,

ich war letzte Woche auf einer ISO GPS Schulung. Auf jener wurde gesagt, dass man in der Messtechnik immer den Hüll als Nullpunkt bei einem Kreis/Zylinder wählt.
Ich habe bisher standardmäßig Gauss genommen. Ist das richtig so?

Vielen Dank für eure Hilfe.

Grüße,
Tobi
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Hallo Tobi,

das stimmt so nicht ganz: Nach ISO-GPS (DIN EN ISO 5459) ist bei Bezügen das äußere Tangentialelement ausschlaggebend.
Bei Innendurchmessern ist das Bezugselement dann die Achse des Pferchzylinders, bei Außendurchmessern die Achse des Hüllzylinders, bei Flächen die "Auflagefläche" (äußere Tangentialfläche) usw.
Dazu ist bei der Bezugsbildung die Reihenfolge der Bezugsangaben ausschlaggebend da der sekundäre (die zweite Bezugsangabe) als Raumorientierung vom primären Bezug abhängig ist - wenn du dir selber ein Bezugskoordinatensystem erstellst, musst du also beim sekundären Bezug unter "Auswertung" diesen nicht nur auf äußeres Tangentialelement setzen, sondern auch den Normalenvektor auf den Vektor des primären Bezugs ausrichten.
Ähnliches gilt dann für einen eventuell gegebenen dritten Bezug...

Wenn du da "standsicher" werden willst, empfehle ich die Aukom-Schulungen (Stufen 1, 2 und die Form- und Lageschulung sind für die meisten Messaufgaben ausreichend).

Gruß Jens
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Diese Aussage ist so erst einmal nicht korrekt.

Richtig ist, dass wenn man den aktuellen Normen folgt, eine funktionale Bezugssystembildung gewissen Regeln folgt, die die Realität möglichst widerspiegeln sollen. Funktional bedeutet in dem Fall genau das: "der Funktion entsprechend", das Bezugssystem soll also den Zweck erfüllen, der Funktion des Bauteils in seiner Einbausituation zu entsprechen.

Ich rede hier nicht nur von einem Nullpunkt, sondern von einem Bezugssystem, weil dazu natürlich mehr gehört als nur der Nullpunkt, sondern die gesamte Lage und Orientierung des Bauteils. Ein Bezugssystem nach strengen, normierten Regeln zu erzeugen, ist für die Industrie natürlich dann essentiell wichtig, wenn Bauteile auch an verschiedenen Orten rund um die Welt gleich gemessen werden sollen. So wird zum Beispiel der linke Flügel eines Eurofighters in einem völlig anderen Land gebaut als der rechte Flügel, und trotzdem sollen die am Ende an den Mittelteil passen, der wiederum woanders gefertigt wurde.

Beim "Nullpunkt" eines Bezugssystem zum Beispiel gibt es die Möglichkeit, eine nicht-funktionale Vorgehensweise zu wählen, z.B. ein Gauss-Element zu wählen. Die Vorteil eines Gauss-Elements sind sehr stabile, wiederholgenaue Ergebnisse, auch bei geringen Punktdichten, deshalb benutzt man in Calypso bei einem Basissystem in der Regel eben auch Gauss-Elemente. Der Nachteil ist eben, dass es sich nicht um eine funktionale Lagebestimmung handelt: Ein Gauss-Element ist nur ein Durchschnittselement aus den verwendeten Punkten, was aber eben nicht der Realität entspricht. Je nach Formabweichung des verwendeten Elements wirst Du immer einen Unterschied zu Deinem wirklich verbauten Bauteil feststellen.

Erst eine funktionale Ausrichtung macht die Sache besser mit der Wirklichkeit vergleichbar. Wenn Du zum Beispiel ein äußeres Tangentialelement zur Berechnung verwendest (das wäre bei einer Bohrung ein Pferchelement, bei einem Außendurchmesser aber ein Hüllelement), dann bekommst Du ein besseres Ergebnis, um Dir vorstellen zu können, wie sich Dein Bauteil mit einem noch unbekannten Gegenstück verbinden wird.

Deshalb ist auch die Aussage "immer Hüll" nicht ganz richtig. Richtig wäre eben, die Zusammenhänge zu verstehen und für den richtigen Zweck die passende Berechnungsmethode zu verwenden.

Als Faustregel gilt:

Für Dein Basissystem möglichst stabile Berechnungsmethoden wie Gauss einsetzen, aber dafür Deine Auswertungen eher nicht im Basissystem durchführen.

Dafür Deine Auswertungen in einem funktionalen Bezugssystem nach ISO 5459 durchführen mit gegeneinander eingeschränkten Freiheitsgraden und der Verwendung von äußeren Tangentialelementen unter Verwendung von Filtern und Ausreißereliminierung.

Mögliche Ausnahmen: Wenn Du nur wenige Punkte antastest, also eine geringe Punktdichte verwendest, solltest Du ausschließlich Gauss-Elemente verwenden, weil die Gefahr, Deine Ergebnisse durch Ausreißer zu verfälschen, viel zu groß ist.

Oder: In meinem Betrieb messe ich sehr häufig große, sehr filigrane Ringe, die durch ihre Dünnwandigkeit sehr unrund sind, aber in ihrer späteren Anwendung durch den Einbau wieder rund sind. Da verwende ich gezielt Gauss-Durchmesser, da diese besser den Durchmesser unabhängig von einer Formabweichung widerspiegeln.
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